Stadtgespräch: Heiliges Blechle - über die Entwicklung des Rathausumfeldes

    Das Karree Bleich-/Gerber-/Kaltenbach-/Großherzog-Friedrich-Straße östlich des Rathauses fristet städtebaulich ein stiefmütterliches Dasein, obwohl es mitten in der Stadt liegt und hoch attraktiv erscheint. Dieses zentrale Areal ist durch eine Unmenge Autoblech geprägt, welches ebenerdig auf historischem Pflaster des Gerberplatzes unter imposanten Platanen und in den vielen Baulücken zwischen dem kümmerlichen Baubestand parkt. Die meisten Autos aber stapeln sich in den drei Parkdecks der Hochgarage an der Kaltenbach- und Gerberstraße, das über die Hälfte des Baublocks einnimmt und somit eine hochwertigere Entwicklung des Rathausumfeldes bisher verhindert hat.

    Die jüngsten baulichen Aktivitäten geben jedoch Anlass, über das städtebauliche Potential dieses Karrees am Rande der St.Johanner Altstadt neu nachzudenken. Den Auftakt macht der architektonisch gelungene Umbau (2014) des städtischen Verwaltungsgebäudes (Untere Bauaufsicht) in der Gerberstraße von den Architekten Bayer & Strobel aus Kaiserslautern. Auf der gegenüberliegenden Seite könnte nun ein größerer Wohnkomplex, der sich derzeit in Bau befindet (Konzept: Architekt Peter Alt, Ausführung verändert vom Investor), neuen Schwung in die Diskussion über die innerstädtische Entwicklung bringen.

    Das noch städtebaulich beherrschende Parkdeck selbst war bei der Errichtung 1975 als Provisorium gedacht und für 10 Jahre befristet. Diese äußerst funktionale und gestalterisch anspruchslose Haltung sieht man der Garage auch architektonisch an – es ist darüber zu spekulieren, ob vielleicht ein bewusst geplanter Kontrast zur gegenüberliegenden, fein strukturierten Sandsteinfassade der ersten Rathauserweiterung von 1926 (Architekt: Stadtbaurat Dr. Julius Ammer) den Rückbau in der Öffentlichkeit leichter begründen sollte. Zur Eröffnung jedenfalls berichteten die Erbauer, die Saarbrücker Stadtwerke, in einer Anzeige noch stolz, dass das Parkdeck wegen seiner Stahlbauweise demontabel sei und woanders wieder aufgebaut werden könne.

    Vier Jahrzehnte später sollten die Stadtverordneten daran erinnert werden, dieses Versprechen endlich einzulösen und dieses Filetgrundstück im Stadtzentrum einer städtebaulich angemessenen und vor allem intelligenteren Nutzung zukommen zu lassen, beispielsweise in Form von attraktivem, innerstädtischem Wohnungsbau. Aber das bleibt wohl noch lange ein Traum, denn viele Saarbrücker Kommunalpolitiker müssten somit ausgerechnet ihren Lieblingsparkplatz aufgeben.

    Erstmals veröffentlicht: 30.08.2016 / Anzeige: Stadtwerke 1975 / Fotos und Plan: baubar