Stadtkundschaften: Die Hinrichtung des öffentlichen Raums

    Um es vorweg zu nehmen: wir begrüssen die Saarbahn, weil sie eine neue Qualität des öffentlichen Nahverkehrs darstellt und Saarbrücken mit dem Umland hervorragend verbindet. Aber eins ist sie nicht: eine Bereicherung für den öffentlichen Raum. Was wir schon bei der Gestaltung der Bahntrasse durch die Kaiserstrasse vermisst haben, hat sich leider bei der Verlängerung der Strecke durch Riegelsberg wiederholt, und auf ganzer Linie sogar verschlimmert. So bestimmen komplexe Kettenfahrleitungen, eine massive Dichte unansehnlicher Masten, technisch geprägte Gleisanlagen und eine missratene Haltestellengestaltung das Bild der Saarbahn in Riegelsberg. Statt für den Ort einen urbanen Impuls auszulösen degradierten die planenden Ingenieure den Stadtraum zu einem Restraum zwischen den Häusern, der bloss den technischen Anforderungen an die Verkehrsabwicklung zu genügen hat. Für eine qualitätsvolle Gestaltung ist letztlich der politische Wille verantwortlich. Doch von einem städtebaulichen Anspruch ist bei der Saarbahn nichts zu spüren. Ansprechende Gestaltungselemente wie ein abgestimmtes Trassendesign, filigrane Mast- und Beleuchtungskombinationen sowie schienenbündige Rasengleise fehlen gänzlich. Beim Bau einer Stadtbahn entfällt ein Grossteil der Investitionen auf die Trasse, den Tiefbau und die bahntechnischen Installationen. Auf der anderen Seite schlagen die Kosten für die Hochbauten - in erster Linie die Haltestellen - nur zu einem Bruchteil zu Buche. Die Wirkung der Bauten ist hingegen umgekehrt proportional zum Kostenanteil, prägen sie doch massgeblich das Erscheinungsbild und die Akzeptanz einer Bahn. Die Chance, Riegelsberg mit einem Infrastrukturprojekt stadträum-lich aufzuwerten, ist gescheitert und die negativen Auswirkungen sind nicht abschätzbar. Andere Orte hingegen haben es verstanden, mit solchen Projekten auch Standortmarketing zu betreiben. Mulhouse, Nancy, Strassburg, Zürich bei den Nachbarn, aber auch das deutsche Erfurt sind positive Beispiele dafür, dass gute Stadtgestaltung nicht nur die Aufmerksamkeit der Fachpresse findet. Diese Gelegenheit hat das Saarland verpasst!

    Erstmals veröffentlicht: November 2008 von baubar urbanlaboratorium / Fotos: baubar 2008