Programm Umbau des städtischen Verwaltungsgebäudes Gerberstraße
Ort Saarbrücken-St.Johann
Bauherr Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Saarbrücken
Entwurf Carsten Diez, Igor Torres
Mitarbeit Tamara Dumková, Dirk Tausend
Planung 2011
Wettbewerbsverfahren Mehrbeauftragung
Auszeichnung 2.Preis
Das Gebäude in der Gerberstrasse 29 fällt vor allem durch Unscheinbarkeit auf. Es ist halt ein Amtshaus: Erdgeschoss ungeschickt verschlossen, verwahrloste Fassade, bescheidene Fensteröffnungen, Dachraum ungenutzt, düsterer Innenhof - wahrlich keine bauliche Perle! Wie die meisten Bauten der Nachkriegszeit entstand es unter der Prämisse der Ökonomie. Zudem nimmt der Bau wenig Rücksicht auf die historische Nachbarschaft. Ein 50iger Jahre-Bau mit wenig Charme, aber mit viel Potential, das durch einen klugen Transformationsprozess nur gewinnen kann.
Das Gebäude liegt an der Schnittstelle zwischen dem mittelalterlichen Kern St.Johanns und der Stadterweiterung des 19. Jahrhunderts im Bereich des ehemaligen Stadtgrabens. Im rückwärtigen Hofbereich sind heute noch die Fundamente der Stadtmauer zu erkennen, die nach Schleifung der Mauer 1810 in die Grenzwand der südlich angrenzenden Parzelle integriert wurden. Was kann einer Institution, die ihren Ursprung in der Stadtwerdung hat, besser passieren, selbst auf einer wichtigen Spur der Stadtgeschichte gesetzt zu werden. Der Umbau legt nun diese Spur frei.
Die Volumetrie des Gebäudes wird nicht verändert. Flucht, Traufhöhe und Dachneigung werden vom angrenzenden Gebäude übernommen. Allein neue Stilelemente und leichte Rasterverschiebungen setzen Akzente, die aus einem bisher autistisch wirkenden Gebäude ein echtes städtisches Haus entstehen lässt, dass einen Dialog mit seiner Umgebung sucht. Dazu trägt der Zwerchgiebel über dem Treppenhaus bei, der als moderne und schlichte Interpretation der reich gegliederten Beispiele der benachbarten neobarocken Bauten (Kath. Pfarrhaus von 1907 und Ev. Kindergarten von 1909) zu verstehen ist. Auch die neuen markanten Schleppgauben, die eine Büronutzung des Dachraumes erlauben, werden aus einem häufig anzutreffenden Motiv in der Dachlandschaft der Umgebung abgeleitet. Die fein verputzte Haut des Gebäudes wirkt ortstypisch traditionell / neutral und wie selbstverständlich, ohne seine moderne (und verwandelte) Herkunft zu verleugnen. Nur bei genauem Hinsehen bemerkt man, dass die verschiedenformatigen Fenster in der Fassade leicht und wie zufällig aus einem regelmässigen Raster verschoben sind und so dem Baukörper Lebendigkeit verleiht. Die ohne Zweifel aus ökonomischer Einsicht und energetischer Notwendigkeit gewählte verputzte Wärmedämmung wird ein tektonisches Bild übergestüplt, in dem der farblich gleichtönige Deckputz feldweise unterschiedlich horizontal und vertikal gebürstet wird. Es stellt sich eine ambivalente Wahrnehmung der Fassade ein, der zwischen Gitter und Körper zu oszillieren scheint.