Stadtkundschaften: Über die Banalisierung des Konsums

    Unübersehbar machen sich in Saarbrücken die Discountmärkte breit. Die eingeschossigen Bauten mit dem landauf, landab bekannten Satteldach sind immerzu gleich, die grossen vorgelagerten Asphaltflächen und das bisschen Alibigrün in Rindenmulch geradezu charakteristisch. Für die bevorzugte Lage an Hauptverkehrsstrassen nehmen die Unternehmen sogar kostenintensive Anstregungungen auf sich, indem beispielsweise qualitätsvolle Bausubstanz abgebrochen wird. So geschehen bei dem Druckereigebäude des SDV-Verlages in der Halbergstrasse (Architekt Hanns Schönecker), das für den Bau eines Lidl-Marktes weichen musste. Was aber immer vermieden wird, ist ein Mindestanspruch an architektonischer Gestaltung, getreu nach dem Motto: Wer billig verkauft, muss billig aussehen. Dabei sind die Discount-märkte einer der meistfrequentiertesten öffentlichen Räume - da kann es nicht gleichgültig sein, wie diese Räume aussehen. Ein Bewusstsein für die Gestaltung und baurechtlichen Möglichkeiten zeigen Beispiele aus Nordrhein-Westfalen, wo die Gemeinden einvernehmlich mit einem „knallhart“ kalkulierenden Discounter wie Aldi architektonisch markante Bauten verwirklicht haben. Viel höher noch hängt die Messlatte im österreichischen Tirol. Dort baut die erfolgreich agierende Supermarktkette M-Preis mit ortsansässigen wie auch international renomierten Architekten immer individuell und wirbt sogar mit dem Alleinstellungsmerkmal Architektur. Dabei verursacht diese laut M-Preis höchstens 3% Mehrkosten gegenüber einem Standardbau (mehr Informationen: www.m-preis.at). Wegen der „Produktion von kulturellem und sozialem Mehrwert“ durften im Jahr 2004 die Supermärkte der Firma M-Preis das Land Österreich bei der 9. Architekturbiennale Venedig repräsentieren. Inzwischen sehen sich in Tirol auch andere Discounter wie Rewe, Interspar oder die Drogeriekette DM gezwungen, den hohen Anspruch der Konsumenten an Architektur zu berücksichtigen und setzen diesen auch bei ihren Bauten vorbildlich um. Und da der Architekturtourismus in Tirol spürbar angestiegen ist, profitiert ganz nebenbei auch noch der Fremdenverkehr und die lokale Wirtschaft davon.

    Erstmals veröffentlicht: Januar 2007 von baubar urbanlaboratorium / Fotos: baubar 2007